Das Theaterstück RemembeRing als Statement zum 9. November 2016

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Am Mittwoch, dem 9. November 2016, führte Frau Liora Hilb vom Theater  ‚La Senty Menti‘  aus Frankfurt am Main das Einpersonenstück RemembeRing vor Schülerinnen und Schülern der  Oberstufe des Carolus-Magnus-Gymnasiums und der Willy-Brandt-Gesamtschule im Pädagogischen Zentrum auf.

Liora Hilb, geboren in Tel Aviv, aufgewachsen in Frankfurt am Main, hat ein Theaterstück über ihre eigene Geschichte, die ihrer Großmutter Jenny Hilb und ihrer Familie geschrieben und möchte damit besonders Jugendliche im heutigen Deutschland erreichen.  RemembeRing ist die Weitergabe von Erinnerungen und Reflexionen über den Umgang mit Ausgrenzung, mit Emigration, mit Traumata und Zugehörigkeiten. Das Stück soll Räume öffnen zum Nachdenken über die Frage: „Was hat die Shoah heute noch mit uns zu tun? Wie erinnern sich Jugendliche heute an die Shoah? Kennen Sie ‚Stolpersteine‘ als Form einer Erinnerungskultur an die Shoah?“ Hierzu fließen auch aktuelle Zitate von Jugendlichen in Deutschland mit ein.

Jenny Hilb ist 1943 von den Nazis in Auschwitz umgebracht worden. Davon weiß Liora in ihrer Kindheit nur sehr oberflächlich. Sie ist umgeben von einer ganzen Menge an Leerstellen. Wer? Wo? Was? Warum? Warum nicht? Die Resonanzen auf ihre Fragen sind spärlich. Der Vater spricht darüber nicht, die Mutter schweigt, Onkel und Tante bleiben wage. Lioras Vater ist vor den Nazis nach Israel geflohen, lernt dort seine Frau kennen, bekommt die Tochter und entscheidet sich 25 Jahre nach Kriegsende nach Deutschland zurück zu gehen, ins Täterland.

RemembeRING ist die Geschichte eines Ringes, der einmal Jenny Hilb gehörte. Er gelangte wahrscheinlich aus Ulm über Theresienstadt und Ausschwitz auf geheimnisvolle Weise nach Tel Aviv. Heute befindet er sich in Lioras Besitz in Frankfurt. Der Weg des Ringes spannt einen Bogen über das Schicksal einer jüdisch/deutschen Familie in drei Generationen.

Liora Hilb konnte im Rahmen ihrer Aufführung unsere  Schülerinnen und Schüler mit in ihre Geschichte hineinnehmen, sie mit dem sehr ernsten Thema ansprechen und ihnen begegnen. Es macht betroffen, dass sie und ihre Tochter im Nachkriegsdeutschland bis heute immer wieder Ausgrenzung  erfahren. Ihre Tochter trägt zum Beispiel kein jüdisches Symbol in der Öffentlichkeit, um sich vor antisemitischen Reaktionen in der Öffentlichkeit zu schützen.

Das Theaterstück macht dem Zuhörer deutlich, dass man sich im Nachkriegsdeutschland nicht nur in den deutschen Familien über die Shoah ausgeschwiegen hat sondern dass sich das Schweigen auch bei den jüdischen Familien fortgesetzt hat. Die Aufarbeitung ihrer eigenen Familiengeschichte war und ist somit für Liora Hilb eine zentrale Leitfrage ihres Lebens und ihrer Identitätsfindung.

Wir danken Liora Hilb und ihrem Team, dass wir an ihrer Lebensgeschichte und ihren Reflexionen teilhaben durften. Sie hat uns nachhaltig einen Raum zum Nachdenken eröffnet, besonders auch den Blick für die Mitschüler z.B. aus Syrien und Afghanistan geschärft, die seit einem Jahr an unserer Schule die deutsche Sprache lernen und einen Prozess der Integration in Regelklassen durchlaufen. Diese Schüler befinden sich in der Emigration, streben nach Zugehörigkeit und erleben doch auch die Ausgrenzung.

Dieses Theaterstück wird von dem Kinder- und Jugendtheater ‚Theater Starter‘,  der Evangelischen Kirchengemeinde Übach-Palenberg und dem Förderverein des Carolus-Magnus-Gymnasiums finanziert und vorbereitet. Wir danken allen dafür, dass wir die Aufführung im Schulzentrum von Übach-Palenberg realisieren konnten.

Dr. Renate Schwab